Ukrainekrise sorgt im Norden für Wandel

Während diese Zeilen verfasst werden, tobt in der Ukraine leider weiterhin ein brutaler Krieg gegen die dortige Bevölkerung. Zwar sind die nordischen Länder nicht direkt von der Gefahr betroffen, falls Russland jedoch auf eine Spaltung innerhalb der ansonsten so zerstrittenen EU gehofft hatte, hat sich diese „Hoffnung“ deutlich (und überraschend) ins Gegenteil verkehrt. Denn in den nordischen Ländern vollziehen sich seit dem Beginn des Ukrainekriegs außenpolitische Wandlungen, die bis dahin nicht für möglich gehalten wurden.

So sucht einerseits Dänemark, das zwar Nato-Mitglied ist, sich aufgrund ausgehandelter Sonderrechte bisher aber aus der gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik raushielt, nun gezielt und parteiübergreifend die Nähe zur EU und verkündete eine 180°-Wende in der dänischen Verteidigungspolitik, die in einem Referendum am 1. Juni münden soll, in der diese Haltung (glaubt man den Prognosen) bestätigt werden wird.

Schweden und Finnland hingegen, die keine Nato-Mitglieder sind und als neutrale Staaten gelten, die sich aber an Friedensmissionen beteiligen, denken offen über eine stärkere Zusammenarbeit nach, was bei der „Hassliebe“, die beide Länder historisch und kulturell verbindet, durchaus bemerkenswert ist. Zwar steht ein unmittelbarer Nato-Beitritt in beiden Ländern nicht zur Debatte, allerdings ist aus der konsequent neutralen Haltung eine geworden, die verstärkt die Annäherung an internationale Bündnisse sucht, auch da die dortigen Bevölkerungen dies mittlerweile zum Großteil befürworten. Das aggressive Auftreten Russlands hat auch im Norden deutlich gemacht, dass sich einzelne Länder eine bewusste Neutralität bzw. Bündnisfreiheit in einer globalisierten Welt kaum noch leisten können und im Zweifelsfall autark aber machtlos wären. Die Debatte, wohin die nordische Außenpolitik in den jeweiligen Ländern gehen wird, hat gerade erst begonnen, aber Ursula von der Leyen stellte in ihrer Rede am 1. März treffend fest, dass sich die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik „in den letzten sechs Tagen mehr entwickelt als in den zwei Jahrzehnten davor“.

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